AC Mobility 4.0
Motivation
Die Mobilität steht am Anfang des 21. Jahrhunderts vor enormen Herausforderungen. Hierzu gehören vor allem die Urbanisierung, die Globalisierung, der Klimawandel, die Digitalisierung und der demographische Wandel.
Die Urbanisierung führt zu einer Zunahme der Mobilität in den Städten und somit aufgrund des noch vorherrschenden motorisierten Individualverkehrs zu mehr Staus, Parkplatzmangel sowie Schadstoffbelastung und Lärm. In vielen größeren deutschen Städten wird der EU-Grenzwert für Luftschadstoffe überschritten. Im ländlichen Raum hingegen steigt die Abhängigkeit vom eigenen Auto oder kostenintensivem Taxi, weil durch die geringere Nachfrage der traditionelle ÖPNV nicht annähernd ausreichend und kostendeckend betrieben werden kann.
Die Globalisierung lässt den weltweiten Personen- und Güterverkehr zunehmen und die Beanspruchung der Transportwege steigen. Steigende Kosten für deren Instandhaltung und den Ausbau sind die Folge und ein Mangel an Kraftfahrern ist bereits in Deutschland zu verzeichnen.
Der Verkehr ist in Deutschland für mehr als 20% der klimaschädlichen CO2-Emissionen verantwortlich. Aufgrund des zunehmenden Verkehrs ist der Ausstoß in den vergangenen Jahren sogar gestiegen. Somit ist der Verkehr der einzige Sektor, der keinen Rückgang der CO2-Emissionen vorweisen kann. Klimafreundliche Antriebe setzen sich nur sehr langsam durch.
Die Digitalisierung stellt die Basis moderner Mobilität dar. Schnelles und lückenloses Mobilfunknetz, Breitband-Internet, Hochleistungs-Rechenzentren und mobile Endgeräte sind hier eine wichtige Voraussetzung. Dies ermöglicht die einfache und kombinierte Nutzung neuartiger Mobilitätsangebote, jedoch sind die Informationen bisher wenig verknüpft.
Der Bedarf älterer Menschen an Mobilität nimmt nicht zuletzt durch den demographischen Wandel stetig zu. Diese Menschen haben häufig besondere Anforderungen oder Einschränkungen. Vereinfachung durch neue Mobilitätskonzepte wie automatisiertes und vernetztes Fahren könnte helfen.
Zielsetzung
Klassische Maßnahmen der Vergangenheit wie Ausbau des Straßennetzes, City-Maut, Umweltzonen, Geschwindigkeitsbegrenzung, Parkraumbewirtschaftung, Zulassungsbeschränkungen und Steuererhöhungen haben keine oder nur teilweise Verbesserung in Bezug auf die verschiedenen Herausforderungen gebracht. Die Mobilität der Zukunft benötigt vielmehr innovative Lösungen und Technologien, zu denen beispielsweise neue Antriebsformen, automatisiertes und vernetztes Fahren, neuartige Mobilitätskonzepte, der Einsatz von Drohnen sowie intermodale Mobilitätsplattformen gehören.
Für die Verbesserung der Luftqualität in Städten und die Begrenzung des Klimawandels ist eine Abkehr vom Verbrennungsmotor notwendig. Batterieelektrische Fahrzeuge scheinen sich mittelfristig durchzusetzen. Eine Ladeplanung unter Berücksichtigung der anstehenden Fahrten, der verfügbaren Ladeinfrastruktur und der Verfügbarkeit von Strom aus regenerativen Energien ist dabei wichtig.
Mit automatisiertem und vernetztem Fahren lassen sich die meisten Unfälle vermeiden, da 95% der Unfälle auf menschliches Versagen (Unaufmerksamkeit, Fehleinschätzung, etc.) zurückzuführen sind. Allein in Deutschland sind dabei jedes Jahr ca. 3.300 Verkehrstote zu beklagen. Eine besondere Sicherheit und Effizienz erlangt das automatisierte Fahren, wenn nicht nur die Fahrzeuge ihre Umgebung wahrnehmen und Entscheidungen treffen können, sondern wenn auch die Straßeninfrastruktur intelligent ist und mit den Fahrzeugen kommunizieren kann. Lösungen der verteilten künstlichen Intelligenz können helfen, bestimmte Verkehrs- und Gefahrensituationen frühzeitig zu erkennen oder gar vorherzusehen. Die Akzeptanz der Bevölkerung ist eine wesentliche Voraussetzung damit sich diese Lösungen durchsetzen können.
Die letzte Stufe der Automatisierung, also das autonome bzw. fahrerlose Fahren, ermöglicht neue Mobilitätsangebote wie Robo-Taxis oder bedarfsgesteuerte Shuttle-Busse und macht sie unabhängig von der Verfügbarkeit und den Kosten der Fahrer. Der Besitz eines Führerscheins ist nicht mehr notwendig. Autonome Fahrzeuge lassen sich im Gegensatz zu selbstgefahrenen Fahrzeugen besser mit anderen Verkehrsmitteln kombinieren, mit anderen Nutzern teilen und umgehen die lästige Parkplatzsuche. Der Besitz eines eigenen Fahrzeuges wird dadurch sogar im ländlichen Raum uninteressant.
Für die Erprobung dieser Ansätze auch in Zusammenhang mit dem autonomen Laden sind Testfelder in realen Umgebungen notwendig. Zusätzlich zum autonomen Fahren werden auch Lufttaxis in Form von Passagierdrohnen die Mobilität der Zukunft prägen. Durch Ausnutzung der dritten Dimension werden Staus vermieden.
Sämtliche Konzepte der Mobilität der Zukunft betreffen sowohl den Personen- als auch den Güterverkehr.
Schwerpunkte
Intermodale Mobilitätsplattformen und -dienste
Insbesondere im städtischen aber auch im ländlichen Raum stehen unterschiedliche Verkehrsmittel und Mobilitätsangebote zur Verfügung. Jede Modalität besitzt dabei bestimmte Vor- und Nachteile, die von der jeweiligen Situation abhängen. Deshalb ist es in vielen Fällen sinnvoll, Modalitäten miteinander zu kombinieren, um schnell, kostengünstig und/oder umweltfreundlich zum Ziel zu gelangen. Für die einfache und zuverlässige Kombination sind jedoch, ähnlich wie bei regionalen Verkehrsverbünden, Plattformen und Anwendungen nötig, die aber möglichst alle Mobilitätsoptionen miteinander verknüpfen und passend zur aktuellen Verkehrssituation und den Nutzerpräferenzen geeignete Vorschläge unterbreiten. Eine Anpassung an unvorhergesehene Ereignisse (Staus, Zugausfälle, Verspätungen, Fahrzeugpanne, Parkplatzmangel, etc.) sowie eine automatisierte Reservierung und Abrechnung der genutzten Verkehrsmittel ist dabei sinnvoll, um eine gewisse Akzeptanz bei den Nutzern zu erreichen.
Automatisiertes und vernetztes Fahren auf Basis verteilter Intelligenz
Vom automatisierten und vernetzten Fahren verspricht man sich in Zukunft eine Erhöhung der Verkehrssicherheit und –effizienz sowie eine einfachere Steuerung der Verkehrsflüsse. Mit der letzten Stufe der Automatisierung (autonomes bzw. fahrerloses Fahren) sind sogar neue Mobilitätsangebote, verbessertes Carsharing, einfachere Kombination mit anderen Mobilitätsangeboten und Kostenreduzierungen möglich. Ein vielversprechender Ansatz, den Fahrzeugen insbesondere in komplexen städtischen Umgebungen die notwendigen Fähigkeiten zu verleihen, besteht in dem Einsatz verteilter Intelligenz. Dabei wird die Straße an sinnvollen Orten mit entsprechenden Sensoren und Kommunikationsinfrastruktur ausgestattet, um dezentral und in nahezu Echtzeit wichtige Informationen über die aktuelle Verkehrssituation und mögliche Gefahren zu erfassen, Vorhersagen aus den gesammelten Daten abzuleiten und diese an die Fahrzeuge zu kommunizieren. So verfügen die Fahrzeuge für die Planung ihrer Fahrmanöver über zusätzliche Informationen, die sie mittels der eigenen Sensorik nicht erfassen können. Über eine Cloud werden weitere Informationen, die straßenabschnittsübergreifend gelten bzw. in einer Verkehrsleitstelle definiert wurden, bereitgestellt und synchronisiert.
Optimierung der Bereitstellung, des Einsatzes und des Ladens von Fahrzeugflotten
Um Fahrzeugflotten möglichst wirtschaftlich betreiben zu können, müssen sie eine hohe Auslastung und Laufleistung aufweisen. Die Bereitstellung von Fahrzeugen sollte sich also an der erwarteten zeitlichen und örtlichen Nachfrage orientieren, und die Routen sowie bei Elektrofahrzeugen auch die Ladevorgänge sollten entsprechend geplant und optimiert werden. Hierfür sind gute und geeignete Vorhersagen notwendig. Dadurch kann erreicht werden, dass die Fahrzeuge zu der Zeit und an dem Ort mit ausreichender Energie zur Verfügung stehen, wie sie benötigt werden. Durch das Zusammenlegen von Teilrouten mehrerer Personen (Ridepooling) kann die Auslastung der Fahrzeuge zusätzlich erhöht werden. Das optimierte Laden ermöglicht zudem beispielsweise den Strom schneller, mit einem höheren Anteil erneuerbarer Energien, netzverträglicher und/oder kostengünstiger zu laden.
Analyse und Vorhersage verkehrsrelevanter Daten sowie simulationsbasierte Optimierung
Auf Basis reichlich gesammelter, verkehrsrelevanter Daten lassen sich mittels maschinellem Lernen sinnvolle Analysen vornehmen, aus denen Zusammenhänge erkannt und bessere Vorhersagen erzeugt werden können. Mit ausgereiften Simulationsmodellen lassen sich so beispielsweise die Einflüsse verkehrssteuernder oder baulicher Maßnahmen auf die Lebensqualität in Städten im Kontext verschiedener zukünftiger Mobilitätsszenarien und für unterschiedliches Mobilitätsverhalten ermitteln und optimieren.